Ihr Lieben,
ich weiß, ich mache mich immer noch sehr rar, doch das könnte sich ab sofort wieder ändern. Die Zeichen stehen sehr gut dafür, dass Ihr hier bald wieder ein paar neue Rezepte von mir findet. Erstens: Im Garten ist es nicht mehr ganz so gemütlich, so dass sich mein Lebensmittelpunkt nach herrlichen Sommermonaten wieder nach drinnen verlagert. (Zumindest, wenn ich nicht dabei bin, Tonnen von Laub zusammenzufegen. Pfälzerwald, ich liebe dich wirklich sehr, aber das mit dem Laub hatte ich beim Umzug nicht auf dem Schirm.) Zweitens: Ich habe im Kreise meiner Lieblings-Bloggercrew, den Rhein-Neckar-Bloggerinnen, Versprechungen gemacht, die jetzt auch eingehalten werden wollen. Nicht, dass die Mädels mich irgendwann noch von den Stammtischen ausladen, wenn ich immer nur zum Futtern und wegen der guten Gespräche vorbei komme. Ich sage nur: Advents-Vorglühen. Freut Euch gerne schon mal vor!
Heute ist World Bread Day
Heute melde ich mich, weil Zorra und ihr Blogevent zum World Bread Day mir mal wieder gezeigt haben, dass es sich lohnt, sich aus der eigenen Komfortzone rauszutrauen. Vom Erfolg des vergangenen Jahres befügelt – da hatte ich dieses Kürbisbrot in Kürbisform gebacken und bin davon nach wie vor total begeistert – gibt es dieses Jahr zur Feier des Umzuges in die Pfalz ein Pfälzer Keschdebrot von mir. Das Rezept für das Kastanienbrot aus der Pfalz stammt ursprünglich von Irmgard von Wildes Brot. Ich habe es ein bisschen abgewandelt – hauptsächlich, weil ich keine Zeit (und nicht genügend Wärme) hatte, Hefewasser anzusetzen, und habe stattdessen im Vorteig eine Winzigkeit Hefe verarbeitet. Beim Zusammenkneten war mein Teig mit der angegebenen Flüssigkeitsmenge dann viel zu klebrig und hat sich nicht vom Schüsselboden gelöst, so dass ich peu à peu noch einiges an Mehl untergearbeitet habe. Und einmal zusätzlich Teig dehnen und falten hat’s für die Stabilität dann auch nochmal gebraucht. Mein Rezept ist entsprechend angepasst. Mit dem Ergebnis war ich sehr, sehr glücklich.
Das Brot wird sehr dunkel ausgebacken, nach einer halben Stunde Backzeit habe ich die Temperatur etwas nach unten reguliert, weil sich auf meiner Stirn so langsam Sorgenfalten ausgebreitet haben. Das war nicht ganz falsch, daher steht’s jetzt auch so bei mir im Rezept. Das Keschdebrot hat eine herrliche Kruste und eine tolle Krume. Die Keschde alias Maronen kommen erst ganz zum Schluss in den Teig, geknetet wird dann so gut wie gar nicht mehr, so dass die Kastanien weitestgehend ganz bleiben. Und das schmeckt ganz wunderbar. Wir haben uns sehr einbremsen müssen, um nicht auf einen Schlag das halbe Brot noch lauwarm aufzufuttern. Ohne was drauf. Einfach so. Kann es ein größeres Kompliment für ein Brot geben?
Keschde – das Brot der Armen
„Keschde“ – so nennt man in der Pfalz Esskastanien. Ich bin von Kindesbeinen an ein großer Fan. Und jetzt haben wir sogar eine Edelkastanie im Garten der neuen/alten Heimat stehen. Die Ernte war bescheiden, aber das Bäumchen ist, glaube ich, auch noch recht jung. Für das Pfälzer Keschdebrot musste ich daher Maronen kaufen – ich habe auf die vorgegarten Vakuumierten zurückgegriffen. Die Schälerei ist nämlich eine Heidenarbeit – und die mache ich mir nur, wenn ich die Kastanien gemütlich am Wochenende auf der Couch wegsnacken möchte. Dann gehören das Schälen der heißen Keschde und die verbrannten Fingerspitzen für mich irgendwie zum Genuss dazu.
Besonders beeilen muss ich mich mit dem Verzehr der Kastanien übrigens nicht, es gibt keinerlei Nahrungskonkurrenz. Herr B. mag Kastanien gerne als Süppchen (und jetzt im Brot), der Verzehr von Keschde so ganz pur interessiert ihn aber nicht. Also alles meins! Dazu ein Gläschen Federweißer – auch nach mehr als 30 Jahren auf der anderen Seite des Rheins habe ich die Pfalz offensichtlich nicht verlernt. (Nur das mit dem Saumagen, das ist immer noch nichts für mich.)
Keschde wurden früher übrigens als das Brot der Armen bezeichnet – da bietet es sich ja geradezu an, sie in einem richtigen Brot zu verbacken. Ich hätte trotzdem gezögert, denn Ihr wisst ja, dass Sauerteig und ich nicht gerade die allerbesten Freunde sind. Doch Herr B. hat sich hier zwischenzeitlich der Herausforderung Sauerteig gestellt. (Naja, das stimmt so nicht ganz: Für ihn ist es gar keine Herausforderung. Er hat das Ding einmal aus dem Handgelenk zusammengerührt, seitdem haben wir ständig Anstellgut im Kühlschrank, das einen Mordstrieb entwickelt. Ich bin ihm sehr zu Dank verpflichtet, dass er mir das nur jeden zweiten Tag unter die Nase reibt…) Oder in kurz: Es gibt kein Sauerteig-Problem mehr im Hause B. Es lag ausschließlich an mir, aber trotzdem: yippieh!
Das war mein Zeitplan
- 17 Uhr des Vortags: Vorteig ansetzen, Sauerteig ansetzen, Brösel aus altem Brot herstellen und rösten
- 8 Uhr am Backtag: Brotbrösel mit kochendem Wasser übergießen
- 9 Uhr: Hauptteig herstellen
- Zirka 11 Uhr: Backen
- 12 Uhr: Brot fertig
Jetzt bin ich sehr gespannt, welche tollen Brote zum World Bread Day wieder zusammen gekommen sind. Danke, liebe Zorra, dass Du das jedes Jahr so toll und so international organisierst! Und von Euch allen wüsste ich gerne, wie Ihr zu „Keschde“ steht. Und ob ich Euch Lust auf dieses Keschdebrot machen konnte. Ich freue mich sehr auf Eure Kommentare!
Keschdebrot – Kastanienbrot aus der Pfalz
Zutaten
Für den Vorteig
- 120 Gramm Dinkelvollkornmehl
- 75 Gramm Wasser lauwarm
- 3 Gramm Hefe
Sauerteig
- 180 Gramm Roggenmehl Type 1150
- 180 Gramm Wasser 35 Grad
- 35 Gramm Anstellgut
Brühstück
- 30 Gramm altes Brot
- 90 Gramm kochendes Wasser
Hauptteig
- Vorteig
- Sauerteig
- Brühstück
- 230 Gramm Roggenmehl Type 1150
- 250 Gramm Dinkelmehl Type 1050
- 105 Gramm Wasser 50 Grad
- 15 Gramm Honig
- 14 Gramm Salz
- 200 Gramm Keschde alias Maronen gegart und geschält
Anleitungen
Vorteig
- 3 Gramm Hefe in 75 Gramm lauwarmem Wasser auflösen und mit dem Dinkelmehl verkneten – der Vorteig wird relativ fest. Abgedeckt an einem möglichst warmen Ort 16 Stunden ruhen lassen.
Sauerteig
- 35 Gramm Anstellgut, 180 Gramm Roggenmehl und 180 Gramm Wasser miteinander vermischen und abgedeckt an einem warmen Ort 16 Stunden reifen lassen.
Brühstück
- 30 Gramm altes Brot im Foodprozessor zu Bröseln zermahlen, in einer beschichteten Pfanne ohne Fett goldbraun rösten – das könnt Ihr auch gerne schon mal vorbereiten. Etwa eine Stunde bevor Ihr den Hauptteig macht, die Brösel mit 90 Gramm kochendem Wasser übergießen, durchrühren und eine Stunde quellen lassen.
Hauptteig
- Alle Zutaten außer den Kastanien zu einem Teig verkneten. Erst wenn der Teig beginnt, sich vom Boden der Schüssel zu lösen, mischt man die Kastanien vorsichtig unter und knetet langsam weiter, bis die Kastanien gleichmäßig im Teig verteilt sind. Dabei darauf achten, dass die Maronen möglichst ganz bleiben. Teig zugedeckt an einem warmen Ort 30 Minuten ruhen lassen.
- Den Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben. Die Seiten nach innen einschlagen, den Teig herumdrehen, rund wirken, abdecken und 30 Minuten ruhen lassen. Nach 30 Minuten das Prozedere noch einmal wiederholen und das so vorbereitete Brot anschließend mit dem Schluss nach oben abgedeckt im Gärkorb – eine mit einem bemehlten Tuch ausgelegte Schüssel tut es auch – noch einmal 60 Minuten ruhen lassen.
- Den Backofen derweil auf 250 Grad vorheizen. Eventuell aus dem Teig ragende Kastanien in den Teig drücken, damit sie nicht verbrennen. Brot in den Ofen geben und nach 3 Minuten schwaden. Nach 15 Minuten den Backofen kurz öffnen, damit der Dampf entweichen kann. Nach weiteren 15 Minuten die Temperatur auf 200 Grad zurückdrehen und das Brot weitere 30 Minuten lang dunkel ausbacken.
Das Brot sieht toll aus und laut Deiner Beschreibung würde es mir sicher sehr gut schmecken!
Liebe Grüße
Britta
Dankeschön, liebe Britta. Ich würde Dir ja ein Scheibchen anbieten, aber es ist längst aufgefuttert. ;)
Herzlichst, Conny
Also gesammelt sind die Keschde schon…das Rezept wird auf jeden Fall probiert, denn ich bin auch großer Fan. Nur war gerade schon ein anderes Brot im Ofen ;-) Liebe Grüße Nicole
Liebe Nicole,
dann bin ich sehr gespannt, ob Du das Keschdebrot genauso magst wie wir. Sag unbedingt Bescheid!
Herzlichst, Conny
Sehr lecker, tolle Krume und die Kruste ist traumhaft!
Das freut mich so!
Für mich sieht das Brot, dein Ergebnis mehr als gelungen aus!!!
Ein Brot wo es sehr schwer fällt, zu widerstehen.
Viele Grüße,
Jesse-Gabriel
Hab vielen Dank, lieber Jesse-Gabriel!
Herzlichst, Conny
Schön, dass du mit diesem köstlichen Brot beim World Bread Day dabei bist.
Man merkt den alemannischen Einfluss, in der Schweiz heissen Maroni nämlich Chestene. Und sie waren auch Armeleute-Essen vor allem im Tessin, also in der Südschweiz.
Es war mir ein großes Vergnügen, liebe Zorra. Außerdem brauche ich solche Anlässe gerade, weil ich ansonsten den „Bobbes“ nicht hoch kriege…
Herzlichst, Conny